„Warum tust du das?“ Ein offener Brief an die Stadt Ludwigsburg

Die Stadt Ludwigsburg verschärft im Hinblick auf das Sommerfest 2017 den Ton und die Gangart gegenüber dem Tierschutzverein. Mit einer Verkehrsrechtlichen Anordnung werden dem Tierschutzveren Auflagen gemacht – und das sehr kurzfristig.

Seit über 30 Jahren veranstaltet der Tierschutzverein Ludwigsburg e.V. sein Sommerfest im Tierheim. Zum ersten Mal gibt es nun eine Verkehrsrechtliche Anordnung der Stadt Ludwigsburg, genau gesagt des Fachbereichs „Sicherheit und Ordnung“. Darin werden dem Tierschutzverein Auflagen gemacht, mit denen die Sicherheit des Straßenverkehrs am Kugelberg gewährleistet werden sollen.

Wir Tierschützer sind, das räumen wir ein, nicht immer bequeme Zeitgenossen. Aber man kann mit uns reden, schließlich sind auch wir nur Menschen. Die Stadt hat auf das Reden verzichtet und hat es vorgezogen, in einen durch die Schriftform geprägten Dialog einzutreten. Wir sind sowohl im Anlass als auch im Inhalt, offen gesagt, etwas irritiert. Damit sich jeder ein Bild machen kann, haben wir das Schriftstück als PDF hinterlegt.

PDF-Dokumente des dreiseitigen Schreibens:
Anordnung Seite 1
Anordnung Seite 2
Anordnung Seite 3

Wir greifen den Ball auf und schreiben zurück in Form eines offenen Briefes.

 

Liebe Stadt Ludwigsburg,

ich duze dich jetzt einfach mal, schließlich kennen wir uns schon ewig. Seit über 30 Jahren feiern wir Tierschützer unser Sommerfest im Tierheim Am Kugelberg. Manchmal kommen mehr Leute, manchmal kommen weniger, und ja, manchmal bringen nicht nur viele ihren Hund mit, sondern auch ihr Auto. Dann wird es eben voll am Kugelberg. Na und? Kein Grund, uns Auflagen zu machen und diese mit Vorhaltungen zu begründen, die nicht belegt sind. Zum Beispiel, dass die Rettungswege durch die Autos unserer Besucher versperrt würden. Belegt ist: Hin und wieder musste ein Rettungswagen ins Tierheim, weil ein Besucher in der Sommerhitze kollabiert ist. Bisher kam jeder Einsatzwagen problemlos zum Tierheimgelände durch.

Also: Warum tust du das? Warum forderst du von uns, die Verkehrsschilder 283-10 (absolutes Halteverbot Anfang), 283-20 (absolutes Halteverbot Ende) und 283-30 (Halteverbot Mitte) zu mieten, aufzustellen, zu sichern und danach wieder abzubauen? Es geht hier doch gar nicht um die Sicherheit. Es geht darum, dass sich Leute beschwert haben und das für dich ein offenbar willkommener Grund ist, uns das Leben schwer zu machen. Anders lässt sich dein Verhalten nicht deuten.
Gibt es nicht so etwas wie eine Verhältnismäßigkeit? Kann man uns nicht einfach die Möglichkeit zugestehen, an sechs Tagen im Jahr, so viele Festtage feiert das Tierheim nämlich, unsere Mitglieder und andere Tierfreunde einzuladen ins Tierheim? Ist es für die Stadt nicht von Interesse, dass der Tierschutzverein Optionen wahrnimmt, um Geld in die Vereinskasse zu holen? Geld, das der Verein übrigens auch dafür aufwendet, um deine Aufgaben zu erfüllen und die öffentliche Sicherheit mit zu unterstützen.

Du kannst nicht folgen? Pass auf: Wer ist an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr da, wenn du ein herrenloses Tier abzuliefern hast? Wer rückt aus, wenn irgendein durchgeknallter Mensch 70 Kleintiere in seiner Wohnung gehortet hat und sie verwahrlosen lässt? Wer hat schon mehr als einmal einen wild drohenden Hund aus einer Wohnung geholt? Das Team des Tierheims. Du willst jetzt sicher entgegen halten, dass wir dafür Geld von der Stadt bekommen. Stimmt, bekommen wir. Aber der Betrag ist weit unter dem, was Studien als Mindestbetrag ausweisen.  Hat bei den Verhandlungen aber keinen interessiert. Was jedoch offenbar ganz erheblich interessiert, sind „Beschwerden durch Anlieger“ wie du uns mitteilst. Also, wie siehst du das mit der Verhältismäßigkeit?

Du teilst uns in behördlich geschliffenem Tonfall mit, dass „Verunreinigungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen, unverzüglich zu beseitigen sind“. Damit beginnst du, dünnes Eis zu betreten. Du stellst uns dar, als ob wir in der Vergangenheit den Kugelberg binnen eines Wochenendes in eine Müllkippe verwandelt hätten. Wir betonen ausdrücklich: Wir feiern ein SOMMERFEST, kein ROCKFESTIVAL. Wir haben immer darauf geachtet, dass auf dem Tierheimgelände ausreichend Mülleimer stehen. Wir entsorgen diesen Müll ordnungsgemäß und legen keinesfalls in der Nacht von Sonntag auf Montag irgendwo zwischen Schützenverein und Umspannwerk illegale Müllplätze an. Diese Spitze gegen uns hättest du dir sparen können. Echt eh.

Du forderst, dass wir Parkeinweiser bereitstellen und dass wir darauf achten müssen, dass „ordentlich geparkt wird“. Wie definierst du „ordentliches Parken“? Sollen wir unsere Parkeinweiser mit Maßbändern ausstatten, damit alle Abstände zwischen den Autos gleich sind? Müssen wir die Verantwortung übernehmen, die eigentlich dem Fahrzeugführer obliegt? Sollen wir auch noch die mittlere Reisegeschwindigkeit unserer Gäste notieren? Es ist deine Aufgabe, die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen. Beim Ostermarkt hat die Polizei Verwarnungen ausgesprochen. Das ist eines der gängigen Instrumente zur Maßregelung von Verkehrsteilnehmern.

Du hast vielleicht schon gemerkt, dass uns dein Vorgehen sehr verärgert. Wir haben deine Hinweise nach dem Ostermarkt ernst genommen. Bei der Mitgliederversammlung wurde das Thema „Parken beim Sommerfest“ diskutiert, übrigens im Beisein eines Vertreters der Stadt. Kannst du im Sitzungsprotokoll gerne nachlesen. Wir haben nach Möglichkeiten gesucht, wie die Situation entspannt werden könnte. Wir haben unsere Mitglieder in den Vereinsnachrichten, auf der Webseite, auf Facebook und im Blog informiert. Wir haben den potenziellen Besuchern konkrete Vorschläge gemacht, wie sie dazu beitragen können, dass weniger Autos am Kugelberg geparkt werden. Manche haben uns daraufhin kontaktiert und nach dem Fußweg von der S-Bahn ins Tierheim gefragt.

Du hättest mit uns reden können. Aber nein, du wählst den Weg über eine Anordnung, formulierst unnötig scharf und machst es uns unmöglich, von dir gesetzte Fristen einzuhalten. Dein Schreiben hat uns am Dienstag vor dem Fest erreicht. Da hätten die Verkehrszeichen 283-10, 283-20 und 283-30 bereits aufgestellt sein müssen. Zufall? Versehen? Das glauben wir nicht. Das sollte genau so ablaufen.

Wir finden dein Vorgehen unangemessen. Unter alten Freunden darf man das ja mal so offen artikulieren. Bist uns deshalb ja nicht böse, oder?
Um uns die Feierlaune zu verhageln, muss mehr kommen – Hagel zum Beispiel. Deine Anordnung werden wir so gut es uns möglich ist umsetzen. Unsere Mitglieder sind informiert, die Schilder werden platziert und irgendjemand wird am Parkplatz mit dem Fähnchen winken.

Viele Grüße

Für den Tierschutzverein Ludwigsburg: Christoph Bächtle, 2. Vorsitzender

4 Gedanken zu „„Warum tust du das?“ Ein offener Brief an die Stadt Ludwigsburg“

  1. Also ich komme seit Jahren zum Tierheimfest und wenn viele Besucher kommen, dann wird es auch mal eng beim Parken – aber von einem Verkehrschaos habe ich nie was mitbekommen. Welche „Anwohner“ haben sich denn gestört gefühlt?
    Da oben gibt es doch so gut wie keine Wohnhäuser….. Und selbst wenn – wer fragt bei allen anderen Stadtfesten (Marktplatzfest, Kelterplatzfest usw.) ob es den Anwohnern recht ist?
    Die Stadt sollte sich hier wirklich nicht so kleinlich verhalten und dem Tierschutzverein, der eh immer finanziell knapp ausgestattet ist auch noch zusätzliche Kosten für die Miete von Schildern und das angagieren von „Park- und Ordnungswächtern“ aufbrummen.
    Da habe ich als Bürger dieser Stadt wirklich kein VErständnis dafür!
    Mein Kompliment an das Team vom Tierheim Ludwigsburg: das Sommerfest war ganz besonder schön diesmal 🙂
    Die neue Halle mit dem Flohmarkt war super – geschützt vor Sonne und Regen – konnte man ausgiebigen stöbern, kaufen und sich mit Gleichgesinnten unterhalten! Die Vorstellung einzelner Hunde im hinteren Bereich war eine tolle Idee!!! So konnten viele Menschen die Hunde auch mal außerhalb ihres Zwingers erleben und mehr über sie erfahren. Also bitte: lasst euch bloß nicht entmutigen und macht weiter so!!!
    PS: ich bin noch nicht mitglied – aber das wird sich ändern 🙂

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  2. Diese Kurzfristigkeit wirkt nicht nur ausgesprochen unprofessionell (insbesondere, wenn doch die von der Stadt bemängelten Probleme angeblich schon so lange existieren) , sondern wie eine absichtliche Schikane und Behinderung dieser Veranstaltung zum Wohl der Tiere.

    Das bestätigt leider wieder einmal: Tiere haben keine Lobby.

    Dafür haben Tierschützer einen langen Atem 🙂

    Es sind bestimmt sehr viele Menschen froh, dass es Euch gibt. Vor allem aber sind sehr viele Tiere nur noch deshalb am Leben und gut untergebracht, weil Ihr Eure wichtige Arbeit macht. Danke dafür! – und gut, dass Ihr Euch nicht unterkriegen lasst.

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  3. Interessen müssen gewahrt werden. Aber das gilt für beide Seiten.
    Wie Christoph geschrieben hat: Warum kommt das auf einmal und dann so kurzfristig? Warum kann man das nicht ankündigen und mit den Leuten rechtzeitig reden?
    Das ist unnötige Schikane und echt ein Armutszeugnis.

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  4. Sehr gut geantwortet und per offenem Brief, sehr gut! Allerdings wird die Stadt das nicht kümmern, wenn diesesVorgehen nicht weitere Kreise zieht. Ich teile das mal unter unseren knapp 800 Facebook-Freunden und werden ganz anständig an den OB schreiben, diesen Mitarbeiter mal zu sich zu zitieren und ihn fragen, was er eigentlich macht. Oder war er es selber?
    Elo und Günter Weiler

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